100 Jahre Grüne Woche: Wie alles begann
Was als „wilder Handel“ begann, wurde zur Erfolgsgeschichte: 1926 startete die erste Grüne Woche in Berlin.
Wenn die Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) ihre Wintertagung in Berlin abhielt, dann fiel das auf im Straßenbild. Denn die Teilnehmenden waren überwiegend in grüne Lodenmäntel gekleidet. Bereits seit dem Ende des 19. Jahrhunderts trafen sich die Vertreterinnen und Vertreter der Agrar- und Ernährungswirtschaft in Berlin. Im Tagungsviertel bauten Handwerk und Industrie Stände auf, um ihre Waren an Landwirte und Jäger aus ganz Deutschland zu verkaufen. Jagdschauen und Ausstellungen waren über die Stadt verstreut.
Um dem wilden Handel Einhalt zu gebieten, kam dem Landwirt Hans-Jürgen von Hake – seinerzeit Mitarbeiter im Berliner Fremdenverkehrsamt – die Idee, die Tagung 1926 erstmals mit einer landwirtschaftlichen Ausstellung am Kaiserdamm zu verknüpfen. Die Fachkonferenz sollte mit einer landwirtschaftlichen Ausstellung für die Allgemeinheit auf 7.000 Quadratmetern kombiniert werden. „Ausstellung für den Bedarf der Landwirtschaft und verwandter Betriebe“, kündigte ein Plakat die Messe-Premiere an.
Großes Interesse in der Bevölkerung
Das neue Konzept war ein voller Erfolg. Bereits im ersten Jahr kamen 50.000 Besucherinnen und Besucher. Die Grüne Woche, wie sie wohl die Presse taufte, hatte eine wichtige Bedeutung für den Messeplatz Berlin. Neben der Funk- und Automobilausstellung stärkte sie die Bedeutung des Wirtschaftsstandorts Berlin. Neun Jahre nach der ersten Ausgabe erhielt sie auch ihr charakteristisches Logo. Die gelbe Ähre auf grünem Grund entwarf der Grafiker Wilhelm Hölter.
Von Anfang an verband die Grüne Woche Warenschau mit Reit- und Fahrturnieren. Es gab Kleintierausstellungen, einen Saatenmarkt, und Jäger zeigten ihr Können. Anders als heute bestand Berlin damals noch zu einem Fünftel aus Agrarland. In der Stadt lebten 45.000 Pferde, 25.000 Schweine, 21.000 Milchkühe und mehr als eine halbe Million Stück Geflügel. Etwa 200.000 Berlinerinnen und Berliner besaßen einen Kleingarten. Das heißt, die ausgestellten Güter und Dienstleistungen waren nicht nur für professionelle Landwirte interessant, sondern für die breite Masse.
Aufbruch in eine neue Zeit
Die Grüne Woche war schon damals ein Ort der Innovationen. Das größte Exponat der ersten Schau war ein eisenbereifter, vier Meter hoher Universalschlepper für Feldarbeiten mit 100 PS. Er stand für die beginnende Mechanisierung in der Landwirtschaft.
Doch auch allerlei Kuriositäten bekamen Besucherinnen und Besucher zu sehen. 1928 sollte eine Fußspurmaschine beweisen, dass ein Hund nur der menschlichen Spur, nicht aber dem Geruch nachläuft. Um 5.000 Eier auf „natürlichem Wege“ frisch zu halten, wurde 1930 eine Eierfrischhaltemaschine vorgestellt. Die im Kreis gedrehten Eier sollten durch die Bewegung ein Jahr lang essbar bleiben.
Vielversprechendere Erfindungen waren eine Kannenmelkanlage, ein Raupenschlepper, eine Motorsäge für den Handbetrieb sowie leistungsfähige Getreidesorten bekannter Züchter. Elektrolux stellte einen Pferdestaubsauger vor.
Doch auch der Genuss spielte von Anfang an eine wichtige Rolle. 1931 kam der Aussteller Finow Farm mit einem als Markstand umgebauten Verkaufslaster – als erster Foodtruck der Grünen Woche.

Landmaschinenhalle Grüne Woche 1954, Foto: Messe Berlin