"Ich habe schon mein ganzes Leben mit Lebensmitteln zu tun"
Alice Wiersbitzky wird im August 90 Jahre alt. Die geborene Berlinerin und gelernte Lebensmittelverkäuferin geht seit 60 Jahren regelmäßig auf die Grüne Woche.
Wie lange kommen Sie denn schon auf die Grüne Woche?
Das kann ich gar nicht zählen. Ich komme schon seit den 1950er Jahren und bin bis heute jedes Jahr auf der Grünen Woche gewesen. Damals wurde im Radio immer Reklame gemacht: Am Funkturm ist wieder was los. Sie müssen kommen. Grüne Woche ganz groß. Damals war aber noch nicht so viel los wie jetzt, da war es ja nur Deutschland und eben in Nachkriegszeiten.
Was war denn Ihr schönstes Erlebnis in dieser ganzen Zeit?
Das schönste Erlebnis war immer, mit der Familie zu gehen. Als meine Tochter noch klein war, habe ich immer zu ihr gesagt: Bleib schön an der Hand. Es ist voll hier und wenn du dich losreißt, weil du den Papa suchst, der immer schon vorgegangen ist und dich verläufst, weinst du nachher. Da ist sie immer artig gewesen. In den 80er 90er und 2000er Jahren war ich manchmal vier Mal auf der Messe.
Unter vier Mal schafft man die ganzen Hallen nicht
Vier Mal?
Ja. Einmal mit meinem Mann, einmal mit meiner Tochter, einmal mit meiner Freundin und ganz am Schluss nochmal ganz allein, weil ich mir dann anschauen konnte, was ich wollte und auf keinen aufpassen brauchte. Unter vier Mal schafft man nicht die ganzen Hallen und ich möchte ja alles sehen. Also muss ich durch jede Halle in die eine und dann in die andere Richtung gehen. Man kann ja nicht einfach nur durchgehen, dann hat man ja die andere Seite nicht gesehen. Dadurch, dass ich aus Berlin-Halensee komme, hatte ich es ja nicht so weit.
Haben Sie mal überlegt, nicht zu gehen, weil es Ihnen im Alter zu beschwerlich wurde?
Überhaupt nicht. Ich hatte ja als gelernte Lebensmittelverkäuferin mein ganzes Leben mit Lebensmitteln zu tun. Ich habe Konditorei und Backwaren gelernt und zunächst als 13-Jährige in einer Bäckerei und Konditorei in der Joachim-Friedrich-Straße in Halensee gearbeitet. Da war meine Arbeitszeit von halb sechs Uhr morgens bis halb elf Uhr abends. Später war ich Wurstverkäuferin im KaDeWe. Im Zuge dessen haben wir auch immer viel Werbung für die Grüne Woche gemacht. Es interessiert mich sehr, wie es mit den Lebensmitteln weitergeht. Ich bin geistig komplett fit, nur eben körperlich nicht mehr so.
Pressack, Leberkäs und Weißwürste
Haben Sie auf der Grünen Woche eine Lieblingshalle?
Ich gehe gern in die Bayernhalle. Das kommt daher, dass meine Eltern mich während der Kriegszeit privat ins Fichtelgebirge evakuierten. Dort bin ich vier Jahre lang aufgewachsen. Von daher kenne ich Presssack und Leberkäs und Weißwürste und freue mich immer darauf zu schauen, ob es noch angeboten wird. Alkohol oder Kaffee trinke ich ja nicht, aber mit meiner Freundin habe ich immer sehr gern zum Abschluss in der Österreich-Halle einen Germknödel gegessen.
Gibt es etwas, worauf Sie sich jetzt 2023 besonders freuen?
Ja. Ich freue mich, wenn ich jetzt in die Brandenburg-Halle komme, weil ich gern bei Klaistow vorbeigehe. Ich bin jedes Jahr auch in Klaistow zum Spargelessen gegangen. Brandenburg ist eine schöne Halle.