Veranstalter / Organizers:
Messe Berlin
Datum der Veranstaltung:
17-26 Jan 2025
Internationale Grüne Woche
17-26 Jan 2025

Sieben Reihen Gemüse fürs eigene Kita-Restaurant

Gesunde Gerichte vom hauseigenen Kita-Acker? Die Vierländer Naturkita in Hamburg stellt ein leckeres und lehrreiches Kita-Konzept vor.

Seit dem Jahr 2020 beteiligt sich die Vierländer NaturKita in Hamburg am Bildungsprogramm AckerRacker, welches von Acker e.V. ins Leben gerufen wurde. In Zusammenarbeit mit ihren Erzieher:innen pflanzen die Kinder erfolgreich rund 20 diverse Gemüsesorten an. Wie gestaltet sich der Beginn dieses Projekts, welche Art von Unterstützung ist erforderlich und inwiefern hat die Integration von AckerRacker den Kita-Alltag für die Erzieher:innen und Kinder verändert?

Vierländer NaturKita

„GUCK MAL!“, ruft ein Kind an der Vierländer NaturKita in Hamburg und präsentiert stolz seine frisch geernteten Tomaten. Anschließend begibt es sich direkt ins Kinderrestaurant. Dort überreicht das Kind seine Ernte vom Acker an den Koch: „Das haben wir geerntet! Guck mal, wie viel das ist!“

Eine gesunde und nachhaltige Ernährung steht in der Vierländer NaturKita im Vordergrund. Täglich zaubert Kita-Koch Sven Lübke im Kinderrestaurant gesunde Mittagessen aus frischen Lebensmitteln. Im Unterschied zu vielen anderen Kitas, in denen das Mittagessen oft von externen Catering-Firmen geliefert wird, würden hier “sogar noch die Kartoffeln mit Hand geschält“, betont Kerstin Nauhardt, die pädagogische Leiterin der Kita.

Nachdem alles zubereitet ist, präsentiert Sven Lübke den Kindern den Unterschied zwischen der Ernte und dem fertigen Gericht. Dadurch können sie besser verstehen, wie aus dem angebauten Gemüse das fertige Essen auf ihrem Teller entsteht. Eine pädagogische Herangehensweise, die laut Nauhardt auch die Eltern hoch anerkennen.

Gemüse vom Acker probieren Kinder lieber

Trotz der großzügigen Ackergröße und der dadurch erbrachten Ernte reicht diese allein nicht aus, um sich komplett selbst zu versorgen. Eine Ausnahme seien die Zucchini: „Die wachsen hier wie Sand am Meer“, schmunzelt die pädagogische Kitaleiterin. Franziska Timmann, eine von neun AckerErzieher:innen, blickt aufs erste AckerJahr zurück: „Wir hatten Riesenzucchini. Teilweise haben die Kinder die zu zweit getragen!“, erzählt sie. Kein Wunder also, dass „Zucchini vom eigenen Acker“ im Kinderrestaurant des Öfteren auf der Speisekarte stehen. Alles in allem sei das Angebot jedoch sehr vielseitig, betont Leiterin Kerstin Nauhardt.

Der Koch hat Freude daran, den Kindern eine abwechslungsreiche und kinderegerechte Ernährung zu bieten. Ein zusätzlicher Fokus liege gleichzeitig auf Saisonalität und Regionalität. Die NaturKita achtet dabei auf eine transparente Kommunikation darüber, welche Lebensmittel vom Acker stammen und welche von extern bezogen werden.

„Die Kinder probieren viel mehr Gemüse, wenn sie wissen, dass es vom Acker kommt“, weiß Sarah de Oliveira zu berichten, die ebenfalls als AckerErzieherin mit den Kindern auf dem KitaAcker steht. Dies treffe insbesondere auf Gemüsesorten zu, die den Kindern noch unbekannt sind oder die sie nur selten essen, wie zum Beispiel Mangold.

Selbst die Kleinen ackern mit

Seit dem Beginn von AckerRacker im Frühjahr 2020 ist der Acker längst fest in den Alltag der Vierländer NaturKita integriert, und jedes Kind beteiligt sich regelmäßig an der Ackerpflege. Insgesamt gibt es, wie AckerErzieherin Franziska Timmann erklärt, fünf Kindergruppen in dieser Hamburger Kita.

Täglich besuche eine andere Gruppe den Acker. Alle drei Monate werde der Ablauf um einen Tag nach hinten verlegt. Dadurch werde beispielsweise aus der Montagsgruppe die Dienstagsgruppe und aus der Dienstagsgruppe die Mittwochsgruppe. „Sonst würde die Montagsgruppe fleißig ernten und die Freitagsgruppe immer leer ausgehen“, so die Erzieherin. „Das war aber auch ein Prozess, bis wir das gefunden haben.“

Anders als im ersten AckerJahr helfen mittlerweile auch die null- bis dreijährigen Krippenkinder mit. „Die Kleineren sind dabei und erleben das Ganze einfach mit. Es macht nichts, wenn sie eine grüne Tomate abrupfen. Das dürfen sie“, berichtet Leiterin Nauhardt. Sie weiß: Auf dem Acker steht das Erlebnis im Vordergrund. „Auf dem Acker erfahren die Kinder unmittelbar, wie lange es dauert, bis die Tomate eben wirklich reif ist. Sie üben sich in Geduld und Ausdauer und lernen, dass sie beim Ackern am Ball bleiben müssen, damit etwas wächst.“

Von Nacktschnecken und Regenwürmern

Im Jahr 2020 begann die Vierländer NaturKita mit einer Ackerfläche, die deutlich größer war als die anderer AckerKitas. Stolze 15 Gemüsereihen wurden damals bewirtschaftet. Infolgedessen fiel auch die erste Ernte entsprechend groß aus: „Wir konnten so viel ernten, dass wir teilweise gar nicht mehr wussten, wohin damit“, erinnert sich AckerErzieherin Franziska Timmann. „Das war ein tolles Gefühl!“

Zugleich bedeutete die Größe des Ackers auch einen beträchtlichen Arbeitsaufwand. Vor allem das Beikraut, insbesondere der Schachtelhalm, hielt die Kinder und Erzieher:innen auf Trab, berichtet Sarah de Oliveira. „Der war überall! Und er war riesengroß!“, berichtet die Erzieherin. Unzählige Unkrautwettbewerbe mit den Kindern halfen jedoch nicht, um dem Kraut Einhalt zu gebieten. Das Kollegium beschoss daher einstimmig, den Acker von 15 Reihen auf 7 Reihen zu verkleinern. Kitaleiterin Kerstin Nauhardt findet diesen Lernprozess sehr wertvoll, bei dem es immer wieder darum gehe, Probleme zu erkennen und neue Lösungen zu finden: „Das ist doch super, wenn man merkt, das können wir so nicht bewältigen – aber anders.“

Kerstin Nauhardt und die AckerErzieher:innen genießen trotz des Arbeitsaufwands große Freude an der Arbeit auf dem Acker. Besonders die Vielfältigkeit der Ackerarbeiten wird von Erzieherin Sarah de Oliveira geschätzt: sei es beim Ernten, Umgraben oder auch bei der Suche nach „verschiedenen Insekten, die da so rumkrabbeln.“ Vor allem die Insekten und anderen Ackertierchen fänden auch die Kinder unglaublich spannend. “ Ein Mädchen hat sich neulich die ganze Hand mit Nacktschnecken beklebt und stolz gerufen: Guck mal, wie viele ich gefunden habe!“, schüttelt die Acker- Erzieherin lachend den Kopf. “Und die Regenwürmer haben sich die Kinder als Ringe um die Finger gebunden. Auf dem Acker gibt es einfach jeden Tag etwas Neues zu entdecken.”

Jede Kita kann ackern

Die Tatsache, dass alle neun Erzieher:innen an der Vierländer NaturKita aktiv auf dem Acker mitarbeiten, ist äußerst bemerkenswert. „Ich empfinde es als große Stärke in unserem Haus, dass alle sehr offen für alles sind“, betont Kerstin Nauhardt. „Im Kollegium herrscht eine Bereitschaft, sich auf Unbekanntes einzulassen und sein Bestes beizusteuern.“ Durch die gemeinsame Arbeit auf dem Acker ist das Kollegium als Team noch enger zusammengerückt.

Auch für die Unterstützung von Acker e. V. ist die pädagogische Kitaleiterin dankbar: „Wenn ich mir vorstelle, dass wir das alles hätten allein vorbereiten müssen, dann wäre das nichts geworden.“

Trotz der häufigen Zeitknappheit im Kita-Alltag und der Vielzahl anderer zu bewältigender Aufgaben, sei das Ackern mit den ausführlichen Anleitungen und Begleitmaterialien von AckerRacker für alle Kitas „machbar und schaffbar“, findet sie. Und auch AckerErzieherin Sarah de Oliveira ist sich sicher:

„Wenn das Interesse da ist und die Leute Lust auf den Acker haben, würden wir AckerRacker auf jeden Fall weiterempfehlen!“

Steckbrief Vierländer NaturKita

• Ort: Hamburg
• Bundesland: Hamburg
• Anzahl Kita-Kinder: 120 Anzahl
• AckerKinder: 80 Anzahl
• Erzieher:innen / Mitarbeiter*innen: 9 Anzahl
• AckerErzieher:innen: 9
• AckerKita seit: 2020
• Größe des Ackers: 60 m2

Weitere Infos zum Programm AckerRacker

AckerRacker ist ein ganzjähriges, praxisorientiertes Bildungsprogramm von Acker e.V. für Kitas. Auf der kitaeigenen Ackerfläche bauen die Kinder gemeinsam mit ihren Erzieher:innen rund 20 verschiedene Gemüsearten und -sorten an und erleben dabei mit allen Sinnen, wie aus kleinen Samen und Pflänzchen knackiges Gemüse wächst.

Spielerisch erkunden sie die Natur, erlangen ein Grundverständnis für natürliche Zusammenhänge – und entdecken, wie lecker „selbstgemachtes“ Gemüse frisch vom Acker schmeckt.

Weitere Kitas, die bereits beim Programm AckerRacker mitmachen, finden sich im aktuellen Wirkungsbericht von Acker e.V. https://www.acker.co/ackerracker/Wirkung

Detaillierte Infos zum Programmablauf finden Sie hier: : https://www.acker.co/ackerracker/Programminformationen

Diesen Artikel und weitere Informationen zum Thema „Grüne Berufe“ finden Sie auf der Website und im Magazin Stadt.Land.Wissen unseres Kooperationspartners Forum Moderne Landwirtschaft unter www.moderne-landwirtschaft.de.

Zwei kleine Mädchen halten Ihre dreckigen Hände hoch

Sorgt für kindliche Begeisterung in der Kita - das Bildungsprogramm AckerRacker von Acker e.V., Copyright: Acker e.V. - Nadine Stenzel.

Autor*in:Daniela Breitschaft

Regional, Ländliche Räume

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