Veranstalter:
Messe Berlin
Datum der Veranstaltung:
16-25 Jan 2026
Grüne Woche
16-25 Jan 2026

100 Jahre Grüne Woche: Vom Wirtschaftswunder bis zur Wiedervereinigung

Der Neustart der Grünen Woche gelang eindrucksvoll: Internationale Aussteller brachten den Geschmack der großen weiten Welt nach Berlin und legten den Grundstein für eine rasante Weiterentwicklung de

Der Mauerbau 1961 bedeutete eine Zäsur für Berlin und für die Grüne Woche. Für Aussteller und Besucher aus dem Ostteil wurde es schwierig bis unmöglich, die Messe zu besuchen. Gleichzeitig wuchs die internationale Präsenz weiter – ein Trend, der bereits 1951 begonnen hatte, als die Niederlande als erster internationaler Aussteller auftraten. Diese Entwicklung spiegelte sich auch im Namen wider: 1962 warben Plakate in der ganzen Stadt für die „Internationale Grüne Woche Berlin ’62“. Schirmherr war Bundespräsident Heinrich Lübke. Der neue Name war Programm: Von 669 Ausstellern stammte fast die Hälfte aus dem Ausland. Vertreten waren insgesamt rund 50 Länder, die meisten aus Westeuropa, aber auch die USA, Kanada, Israel, Marokko und der Libanon waren dabei.

Nicht nur Besucherinnen und Besucher genossen das Comeback der Messe. Auch ihre Bedeutung für das Fachpublikum aus der Ernährungswirtschaft, Landwirtschaft und dem Gartenbau stieg. Bis zu 150 Fachveranstaltungen gab es bereits zu Beginn der sechziger Jahre. Dazu zählte beispielsweise der internationale Agrarfilmwettbewerb.

Geschmäcker von fern und nah

Jedes Jahr lockte die Grüne Woche mit neuen Attraktionen. Eine „Quarkberatung“ zeigte 1961 deutsche Milcherzeugnisse. Im Jahr 1965 wurde das Marshall Haus zu einem Burger-Restaurant. Das „American Diner“ war ein Publikumsmagnet und versorgte die Gäste mit Pommes und Burgern. Die Messe bewarb es mit dem Slogan: „Little America in West-Berlin, erstes Fast-Food-Restaurant in Europa“. Zwei Jahre später baute Großbritannien in den Messehallen einen Pub auf. Spezialitäten aus deutschen Regionen gab es 1966 auf einem „Feinschmecker Bahnhof“ mit Kurswagen der Bundesländer.

Doch auch sportlich hatte die Internationale Grüne Woche, kurz IGW, einiges zu bieten: 5000 Jugendliche aus der ganzen Bundesrepublik nahmen 1968 am Zehn-Tage-Rennen der Deutschen Landwirtschaft teil.

Hightech für den Acker

Doch auch die zunehmende Technisierung der Landwirtschaft bildete sich auf der Messe ab. Handfunkgeräte von Philips sollten bereits 1964 die Kommunikation auf dem Acker und im Stall erleichtern, ein Turmgewächshaus mit Antriebrädern und regalartigem Aufzugssystem zwei Jahre später den Gartenbau effizienter machen. Unter dem Titel „Durch Maschinenringe: Vollmechanisierung ohne Übermechanisierung“ wurde 1969 das deutsche Norm-Gewächshaus mit moderner Inneneinrichtung und viel Automatik vorgestellt. Eine Lehr- und Sonderschau trug den Titel „Elektronische Datenverarbeitung – ein modernes Hilfsmittel für moderne Landwirtschaft“.

Das Format setzte sich durch: So wies 1970 ein Fischkutter am Eingang Nord den Besucherinnen und Besuchern den Weg zur Lehr- und Sonderschau Fischwirtschaft. Weitere Titel lauteten „Klein- und Siedlergärten – die grüne Landschaft der Großstadt“, „Die Agrarpolitik der DDR“ oder „Die Bedeutung von Wald und Landschaft“.

Auch Landmaschinen waren Teil der Ausstellung und kamen beim Publikum und den Landwirten gut an. So behielt Bauer Heinz Reese aus Britz 1969 den größten der ausgestellten Mähdrescher gleich für seinen Berliner Betrieb.

Wurstbäume und frische Früchte

Zu den Innovationen der siebziger Jahre gehörte die Kartoffelsorte „Ackergold“, die 1973 erstmals vorgestellt wurde. 1976 wurde den Gästen „Das deutsche Hybridschwein und Zuchtprogramm der gekreuzten Rasse“ erklärt. Züchter hatten unterschiedliche Rassen gekreuzt, um unter anderem den Fleischertrag zu steigern. Um mehr Effizienz gibt es auch bei einer anderen Innovation wie dem Tandem-Melkstand aus dem Jahr 1975. Doch auch Genuss sollte weiterhin eine wichtige Rolle spielen: Zum 50. Messe-Jubiläum 1976 baute die Türkei unter dem Motto „Naturgereift“ einen Baum aus Würsten auf. 1977 stellte Israel die Pomelo am Jaffa-Stand vor.

Fachwelt im Dialog

Mit der Eröffnung des Internationalen Congress Centrums (ICC) 1979 an der Messe bekam Berlin einen neuen großen Veranstaltungsort. Der Neubau sollte Berlins Bedeutung als „Schaufenster des Westens“ untermauern. Auch die IGW nutzte den Bau mit der silbergrauen Aluminium-Fassade ab 1980, unter anderem um 1981 das erste „Internationale Forum Agrarpolitik“ abzuhalten, ein Fachkongress des Deutschen Bauernverbands. Es folgten 1982 die ersten „Frische Foren“ für empfindliche Agrarprodukte. Als Fachmesse für Gemeinschaftsverpflegungen etablierte sich ab1984 die MultiServa. 1986 gab es die erste „Bundesschau Fleischrinder“, später brachten Landwirte und Züchter auch Schafe und Kaltblutpferde mit. Die Messe wurde also zunehmend vielseitiger und konnte immer wieder mit neuen Attraktionen aufwarten.

Blick in die Messehalle mit aufgebauter Rennstrecke. Zuschauer stehen in der Mitte und beobachten die jugendlichen Teilnehmenden.

"Das Grüne Rennen" in den Messehallen. An dem Zehntagerennen der Deutschen Landwirtschaft im Rahmen der Internationalen Grünen Woche 1968 beteiligten sich 5.000 Jugendliche aus der ganzen Bundesrepublik. Foto: Messe Berlin